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Facebook-Datenschutz und eine notorisch skeptische Nation

Facebook ändert erneut seine Datenschutz-Richtlinie und es geht ein Aufschrei durchs Land. Eine Panik und Angst davor, dass ein amerikanisches Unternehmen unsere Daten ausspäht und für seine Geschäftszwecke einsetzt. Tausende Facebook Postings mit Warnmeldungen, Kritik und Beschimpfungen gegen das blaue F begegnete einem im Internet. Die Massenmedien griffen die Thematik mit Freude auf und verstärkten den polarisierenden Angriff gegen das größte soziale Netzwerk der Welt. Ich stelle mir die Frage: Bringt uns diese notorische Skepsis weiter oder behindern wir uns selbst im technologischen Fortschritt und verpassen so den Anschluss zu anderen Nationen?

Facebook Datenschutz
Ein kurzer Moment des Stolzes

Es war im Sommer 2014. Zum ersten Mal seit ich denken kann erfüllt die Deutschen ein Nationalstolz, der öffentlich zum Ausdruck gebracht wird: Wir sind Weltmeister! Es verbreitet sich ein Optimismus unter einer notorisch skeptischen Nation, so schrieb die Washington Post. Ein kurzer Moment waren wir alle Gewinner und Optimisten. Alles Negative spielte für kurze Zeit keine Rolle. Doch was hat die Fußball WM und Facebook gemeinsam? Nichts, richtig. Wir deutschen fielen recht schnell wieder zurück in unser primäres Denkmuster: Ablehnung, Zurückhaltung, Ignoranz und Bestreikung. Im Umkehrschluss genießen wir aber sehr gerne die zahlreichen Vorzüge der Kommunikation über Facebook. Und das sogar auch zu einem der Deutschen liebsten Kaufargumente: Kostenlos. Jetzt schreien viele nach Verboten und Gesetzen, diese neuen Probleme wie Datenschutz aus der Welt zu schaffen.

Blurmany

Im Ausland, insbesondere im Erfinderland der sozialen Netzwerke, den USA, belächelt man Deutschland seit dem Verpixelungsrecht in Google Street View als „Blurmany“ (blur = verpixeln). Jeff Jarvis, ein Verfechter des freien Internet schmunzelt: „…die Deutschen stehen an der Front des Datenschutz, gehen aber regelmäßig in die gemischte Sauna.“. Doch warum sind die Deutschen so verbissen in Sachen Datenschutz? Hat es historische Hintergründe? Haben sie einen zu stark ausgeprägten Beschützerinstinkt und wollen die Mitbürger vor Datenklau beschützen? Eins ist nachvollziehbar: Jeder sollte zu jederzeit genau hinschauen, was mit seinen Daten passiert, wo und für was sie verwendet werden. Dieses Recht steht jedem zu. Die Lösung ist demnach nicht naiv und gutgläubig mit dem Datenschutz umzugehen, sondern verantwortungsvoll und prüfend. Verbote und Reglementierungen wirken konträr und behindern den technischen Fortschritt in diesem Bereich. So wird weiterhin keine wirklich große technische Innovation in diesem Bereich aus Deutschland kommen.

Leistung für Daten

Es ist ein einfaches Prinzip: Ein Google oder Facebook bieten uns kostenlos eine Leistung in Form eines Kartendienstes oder einer Kommunikationsplattform an. Im Gegenzug geben wir den Betreibern unsere Daten. Wir übermitteln im Hintergrund unseren Standort, unsere Interessen und Aktivitäten. Die Dienstleister nutzen diese Daten im eigenen Hause, um uns auf unsere Interessen basierte selektive Werbeanzeigen einzublenden. Bedenken sollte man: Der Nutzer selbst hat die Entscheidung, was und wie viel er von sich veröffentlicht. Werden also Daten verwendet, hat zuvor der Nutzer eine Willenserklärung zur Veröffentlichung abgegeben, mit dem Wissen, dass seine Daten für Werbezwecke verwendet werden.

Das Netzwerk Facebook versichert seinen Nutzern, die Daten nicht an Dritte weiter zu geben. Wenn sie das tun, verlieren Sie das wichtigste Kapital ihres Unternehmens: Ihre Nutzer. Und dieses Pokerspiel wird sich auch ein Facebook mit Sicherheit nicht leisten.

Das Glas ist halb leer

Wenn ich in meinen Social Media Vorträgen und auf Podiumsdiskussionen die Dementis der Teilnehmer aufnehme, dann höre ich sehr oft: „Meine Daten werden missbraucht und private Inhalte werden unbeabsichtigt öffentlich sichtbar“, „meine Daten werden an Dritte weiter gegeben“ oder „die Informationsflut ist mir zu viel, ich komme da nicht mehr mit“. Oft sind Unwissenheit oder einfach nur das Aufspringen auf eine allgemeine Welle der Empörung der Grund für solche Äußerungen. Ich habe jedoch das Gefühl, das der Deutsche primär die negativen Eigenschaften sozialer Netzwerke wahr nimmt und die vielen Möglichkeiten und Vorteile dieser neuen Kommunikation bewusst ignoriert.

Das Glas ist halb voll, nicht halb leer. Man kritisiert die Art und Weise, wie Facebook die neue Datenschutzrichtlinie einführt, es sei eine „Friss oder Stirb“ Mentalität. Diese Meinung akzeptiere ich. Doch unterschreiben wir auch die regelmäßigen Updates unserer Hausbank als akzeptiert und gelesen, wenn die Online Banking AGB´s geändert werden? Oder sagt uns der Metzger, wenn er neue Zutaten in seine Leberwurst packt? Wer liest die Microsoft Nutzungsbedingungen sorgfältig von Anfang bis Ende, bevor er Office installiert?

Eine Information über die Änderung der Datenschutzbestimmungen bei Facebook kann man einfordern. Meiner Meinung nach hat Facebook das in erstklassiger Art und Weise gemacht und lieferte jedem Facebook-Nutzer sehr verständlich formulierte Texte und Hinweise. Wer mit dem Inhalt nicht einverstanden ist, sollte die Plattform nicht mehr nutzen. Wem die Leberwurst nicht schmeckt, der wird keine mehr essen. Wer Facebook verlässt, nimmt an dieser Form der Kommunikation nicht mehr teil. Ob man mit den Folgen dieser Ausgrenzung leben will und kann, darf jeder für sich selbst entscheiden.

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